Verlust der Tugend

Die Frage, ob man überhaupt moralisch sein soll, wird in Platons Politeia im ersten Kapitel aufgeworfen und diese Frage hat bis in unsere Zeit ihre Berechtigung 

 

Die Diskussion wird in der Philosophie zumeist anhand der Frage :

„Warum soll man moralisch sein?“ geführt. 

Die Antwort auf die Frage hängt also ab vom jeweiligen Verständnis von Vernunft.

 

Diese Frage, ob ich moralisch sein möchte oder nicht, werde ich versuchen mit mir zu klären. Im ersten Moment , in dem ich mir diese Frage stelle,               

würde ich sie mit einem klaren Ja beantworten.

 

Ich freue mich auf den Weg zu meiner Erkenntnis  und bin gespannt, ob ich eine abschließende Antwort für mich finden werde. Schon Platon und Aristoteles haben  versucht zu begründen, dass die Moralität für das Individuum ( also auch für mich ) ein notwendiger Bestandteil des personalisierten Glücks ist.

 

Zu meinem  eigenen guten Leben gehört auch, dass es anderen Menschen  gut geht. Das Wissen vom Leiden anderer Menschen kann,  mich  betreffend,  mein eigenes Glück mindern - durch ein schlechtes Gewissen. Inwiefern  darf ich  also glücklich sein, auch wenn es anderen Menschen schlechter geht und sie  in großer Not leben. Ist mein Leben noch moralisch,  wenn ich  mein  Leben dem eines  leidenden Menschen gegenüberstelle  ?


Meine Definition von Moral

 

Moral ist die lebensbejahende Anwendung der Ethik.

Als moralisch verstehe ich  ein Normenwertesystem, in dem ich meine Handlungen als richtig  empfinde und somit auch für mich und alle anderen als gültig bewerte.

 

Ein Normenwertesystem kann durch gesellschaftliche Vorgaben und Werte klar definiert sein. So sagt die Gesellschaft : „Du darfst nicht lügen " und doch belügt jeder jeden, aber manch einer mit schlechtem Gewissen, weil er die Werte / Moral missachtet hat.

 

Da aber in unserer Gesellschaft mehrere Normenwertesysteme vorhanden sind, können logischerweise auch verschiedene Moralen existieren. Daher ist es für mich bisher auch immer wichtig im Leben gewesen, auf mich zu schauen und mich zu hinterfragen, ob das, was ich gerade tue, auch richtig und vertretbar gegenüber meinen Mitmenschen ist.

 

Nach Viktor Fankl ( Logotherapie & Existenzanalyse ) gibt es ein weiteres Organ in uns und dieses Sinn-Organ ist das „ Gewissen „

Er sagt : "Gewissenskonflikte gibt es in Wirklichkeit nicht, denn was einem das Gewissen sagt, ist eindeutig.

Der Konfliktcharakter wohnt vielmehr den Werten inne". - 

© Viktor Frankl (1905 – 1997)

 


Sokrates ging es um die Fragen der Ethik, um sittliches Wissen, um die Unterscheidung von Gut und Böse.

 

Darum geht es auch mir ! Nur darum !

 

Er glaubte, wie ich,  an  die menschliche Vernunft sowie an klare und allgemein gültige Regeln für Recht und Unrecht. 

 

Selbsterkenntnis ist die Aufgabe jedes  Einzelnen. In diesem Bewusstsein ist es für mich selbstverständlich,  dass ich mir und meinem Leben gegenüber  "Rechenschaft"  ablege .

 

 Ziel sollte für mich  die Erkenntnis sein, wie ich mich verhalten sollte, um zum wahren, guten Menschen zu werden.

 

Bei Sokrates  beruhen alle  Laster  seiner Meinung nach auf Unwissenheit, nicht auf absichtlicher Bösartigkeit. Gutes  Denken führt nach Sokrates zu gutem  Handeln. Somit bin ich noch immer ein Unwissender, der auf der Suche nach der Wahrheit und Moral ist, die  meine Wahrheit und Moral  sein sollen.


In unserer Gesellschaft und selbst im Freundeskreis gibt es immer wieder diese „Lehrer " ( Besserwisser im Volksmund ), die mich mit ihren Wahrheiten und Moralvorstellungen bedrängen ( ohne Erfolg ).

 

Bei denen  geht es aber um etwas anderes, ihnen geht es um Macht und Manipulation .

Bei Sokrates ist es ganz anders, er der Lehrer, tritt regelmäßig als Schüler auf. 

 

Nicht er will andere belehren, sondern von ihnen belehrt werden möchte.

 

Er ist der Unwissende, seine Philosophie tritt auf in der Gestalt des Nichtwissens und das ist es, was mir so gefällt.

 

In meinem Umfeld gibt es Menschen, die mich (  m. E.  ) völlig unterschätzen, in der Annahme, ich sei unwissend. Diesen Eindruck lasse ich ihnen auch gerne.

 

Was sie nicht merken ist, das ich von ihnen lerne, wie es Sokrates tat. Denn umgekehrt, brachte  er seine Gesprächspartner in die Position des Wissenden. Das schmeichelt den meisten und provoziert sie, ihr vermeintliches Wissen auszubreiten. 

Erst im konsequenten Nachfragen stellt sich heraus, dass sie selbst die Unwissenden sind.


Fortsetzung folgt